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„Les Paradis Artificiels“

2017 – MB

Ralph Gelbert:„Les Paradis Artificiels“

Visionär geleitet, durch spezifische Eindrücke geprägt und persönlich Vertrautes dabei inhärent interpretierend, präsentieren sich aktuell die großformatigen Bildwerke des international renommierten Künstlers Ralph Gelbert in Brühl den Besuchern. Emotional aufgeladen und geradezu dynamisch elektrisierend sind diese Farbgerüste, welche strukturhaft - sowohl durch die abgebildeten Flächen einerseits als auch durch besondere Ausformungen der darstellenden, organischen Linien über die Leinwand bedingt - ihre eindrückliche Entsprechung finden. Eine angenehme, persönliche Vertrautheit entfalten diese Werke deshalb, weil es sich um kaum eingrenzbare, aber trotzdem um ganz offensichtlich ausgeführte Formharmonien handelt, welche sich in gestischen, koloristischen Strukturen vermitteln - und die es vermögen, das Augenmerk des Betrachters spontan auf sich zu fokussieren und betrachtende Spannung zu erzeugen. Die aktuelle Ausstellung des Künstlers in der Villa Meixner in Brühl präsentiert nun dessen Werke, welche unter dem Ausstellungstitel „Les Paradis Artificiels“ hier nun aktuell ausgestellt, in vielfältigen Facetten sichtbar werden, so beispielsweise das großformatige Werk „Atlantik“.

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Ralph Gelbert; Atlantik; 200 cm x 170cm, Öl auf Leinwand, 2016 © VG Bildkunst, Bonn 2017

Auseinanderstiebende blau-türkisfarbene Farbflächen sind es, die hier förmlich die Leinwand sprengen. Nahezu synthetisch geformt, wobei dies nicht zuletzt der Malerei in Öl geschuldet ist, offenbart sich das vordergründig Sichtbare dieser vielen Farbnuancen mit ganzem Ungestüm und in einer beispiellosen Wucht. Jenseits fester Strukturen kreiert der Künstler hier eine Momentaufnahme des Chaos, voller Dynamik und sprunghafter Energie. Die Farbe Blau beherrscht das Bild, Weiß, Schwarz, Gelb, Grün und etwas Braun treten eher hintergründig, fast kontrapunktartig hinzu und verleihen der inneren Vision des unruhigen Meeres, seinen brechenden Wellen und dessen fulminanter Kraft etwas Brachiales, jedoch rührend Urwüchsiges. Das nicht Zähmbare, nicht Kalkulierbare wird hier zur Wahrheit.

Ralph Gelberts malerisches Schaffen, seine visuellen Eindrücke und inneren Erfahrungen, die er auf vielen Reisen sammelt, bilden einen schier endlosen Fundus, den er visionär auf die Leinwand zu übertragen bereit ist. Spurenartiges wird dabei haptisch, durch Farbe und das Material. Die Titelfindungen der Bildwerke erlauben jeweils, sowohl in der Malerei als auch in der Zeichnung, eine Hinführung zu einem bestimmten Werk und machen es dadurch mittelbar, greifbar und - ja tastbar.

Der erlebte Kontext mag dabei verschieden sein: Ob in der Großstadt - oder eine Großstadt schlechthin; ob in Ghettos von Weltstädten wie New York, in der Subkultur Berlins - oder einfach in der blanken Natur: Ralph Gelbert lässt sich inspirieren, schärft die Sinne für Wissenswertes und Sichtbares.

Womit wir beim Thema wären. Die Natur. Gelberts Inspirationsquelle Nummer eins. „Die Natur gibt alles vor, die Farben, die Formen“, begründet er. Wenn es warm ist, kann er die großen gläsernen Flügeltüren am Atelier aufschieben und sie hereinlassen, die Wärme spüren, Gerüche einatmen. So macht er das an jedem neuen Ort, an den er kommt. „Ich sauge die Stimmung und die Energie des Ortes auf.

Es ist ein bisschen wie im Kloster. Ich beschäftige mich 24 Stunden am Tag intensiv mit der Natur und meiner Umwelt.“ Die er dann in seine Bilder transportiert.

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Ralph Gelbert; Savanne; 90 cm x 170 cm, Öl auf Leinwand, 2017 © VG Bildkunst, Bonn 2017

Der Künstler sieht die Farben und Formen und lässt sie, in seiner Interpretation, diese Impressionen - in solchen Werken gekonnt zu einem völlig neuen Leben erwachen. Im ebenfalls nun in Brühl aktuell ausgestellten Werk „Savanne“ ist das beherrschende Gelb so augenfällig, dass dessen Dominanz sich hinter der Weichheit des Duktus seiner Flächigkeit verbirgt. Reliefartig dringt das Gelb in Schichten nach oben, die untere dunkle Farbmaterie des Schwarz und Blau lässt das ganze Bild sanft, in einer fließenden horizontalen Bewegung erscheinen.

Das Bild des Stillstandes ist modifiziert analog zur Natur, hin zu einer langsamen Fortbewegung. Nichts ist fest, alles verändert sich, stetig. Divergente, punktartige Farbsprenkel lösen sich aus dem Fluss und hinterlassen ein malerisches Zeugnis eines zeitlichen Ablaufs bei der Veränderung des Gesamtbildes.

„Ralph Gelberts Arbeiten haben jene utopischen Orte, jene atemberaubenden und archaisch wirkenden Farblandschaften bildnerisch eingefangen. Das Ergebnis sind seine gemalten Reisetagebücher. Und auch hier gilt es, nicht so sehr eine nachgeahmte Natur einzufordern, sondern sich als Betrachter auf den Eigenwert der Farben einzulassen, die Strukturen und die ungeheure Energie jedes Pinselstrichs wirken zu lassen, der immer an einen anderen anschließt oder einen nächsten in Bewegung setzt, ohne jemals an Pathos zu verlieren. Gelbert begreift die Malerei und die Verarbeitung visueller Eindrücke als einen Prozess, der nie zu einem Ende kommt“, erklärt Christine Ryall, Direktorin von Christie’s Irland. Im ebenfalls derzeit aktuell im badischen Brühl ausgestellten Werk „Etosha“ - der Etosha-Nationalpark ist übrigens ein 22.275 Quadratkilometer großer Nationalpark im Norden von Namibia und bedeutendstes Schutzgebiet des Landes - sieht man diese Anschauung verwirklicht.

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Ralph Gelbert; Etosha; 160 cm x 140 cm, Öl auf Leinwand, 2017 © VG Bildkunst, Bonn 2017

Auch dieses großformatige Werk steht in der Tradition des Informel und erhebt die Farbe von einem Ausdrucks- und Gestaltungsmittel hin zur absoluten und autonomen Bildgestalt. Die Prozesshaftigkeit der Farbentwicklung, das Agieren und Reagieren steht hier im Mittelpunkt. Das Lila beziehungsweise Pink steht in der Interaktion mit dem gegenüberliegenden Türkis, kleinere, dunklere Farbflächen durchdringen aus dem Hintergrund heraus das offensichtliche Farbenspiel der Hauptfarben. Das scheinbar Unsymmetrische entwickelt sich in der Betrachtung zu einer wahrhaft facettenreichen, malerischen Vielfalt an Eindrücken, welche sich auf der Leinwand sichtbar gelungen Bahn bricht.

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